Ob sich Mitarbeiter in einer neuen Arbeitsumgebung entfalten, hängt maßgeblich davon ab, ob sie sich in der Kultur ihres Arbeitgebers wohlfühlen. Immer wieder enden Arbeitsverhältnisse schon früh, weil trotz guter fachlicher Eignung die Vorstellungen über das Miteinander im Berufsalltag auseinanderklaffen. Daher haben wir gemeinsam mit dem Heidelberger SINUS-Institut, bekannt durch die Gesellschafts- und Zielgruppentypologie der Sinus-Milieus, einen Prozess entwickelt, der den Cultural Fit als wesentliche Komponente in den Fokus des Employer Brandings rückt.
Die Sinus-Milieus teilen Menschen anhand ihrer Werte und ihres Lebensstils - also ihrer Lebenswelt - in „Gruppen Gleichgesinnter“ ein. Damit liefert dieser Ansatz seit Jahrzehnten ein wirklichkeitsgetreues Bild der soziokulturellen Vielfalt der Gesellschaft.
Grundidee des innovativen Ansatzes zur milieu-basierten Marken- und Kulturentwicklung ist, dass sich das Employer Branding an relevanten Sinus-Milieus orientiert und so Bewerber passgenau zur Unternehmenskultur qualifiziert werden. Das Auswahlverfahren kann dadurch wesentlich effizienter gestaltet werden. Dies wirkt sich auch auf die bestehenden Mitarbeiter aus. Denn ein konsequent gelebtes und reflektiertes Verständnis der Arbeitgebermarke stärkt messbar die Mitarbeiterbindung.
Der Prozess verläuft in drei Schritten:
Schritt 1: Evaluierung der Arbeitgebermarke und Unternehmensidentität
Im Vordergrund stehen die Ableitung der Arbeitgebermarkenidentität und die prägnante Positionierung aus der Unternehmens- bzw. Produktmarkte heraus. Beide Markensphären sind untrennbar miteinander verbunden. Im Rahmen von Interviews mit aktuellen und potenziellen Mitarbeitern werden wertvolle Erkenntnisse zum inneren und äußeren Profil der Marke generiert. So wird die Arbeitgebermarke Baustein für Baustein zusammengesetzt, indem Vision, Identität, Markenwerte, Kultur, Markenversprechen (im Sinne einer Employer Value Proposition) und Positionierung definiert werden.
Schritt 2: Matching der Arbeitgebermarke mit Werten aktueller und potenzieller Mitarbeiter
Es folgt der Abgleich der Arbeitgebermarkenkernwerte mit den Einstellungen, Lebenswelten und Werten der aktuellen Mitarbeiter und Bewerber. In dieser Phase kommen die Erkenntnisse des Heidelberger SINUS-Instituts zum Tragen: Dieses erhebt Jahr für Jahr, welche Werte in bestimmten Milieus signifikant stark vertreten sind. Identifiziert werden diejenigen Milieus, in denen die Kernwerte des Zielunternehmens überrepräsentiert sind. Konzentriert man sich auf Bewerber aus diesen Milieus, so entsteht ein Kandidatenpool mit einem hohen Cultural Fit.
Damit einher geht eine Bestandsaufnahme aus der Innenperspektive: Unter Berücksichtigung eines Milieu-Indikators in Befragungsergebnissen bzw. Zuhilfenahme von Geodaten wird eine interne Milieulandkarte erstellt. Sie zeigt, welche Milieus und damit verbundene Wertvorstellungen im Unternehmen dominieren bzw. schwach ausgeprägt sind. Dementsprechend können die Werte des Unternehmens fortan zielgenauer adressiert werden.
Schritt 3: Strategischer Markenbetrieb
Die Vermittlung der Unternehmenskultur und der Markenwerte rückt stärker in den Fokus der internen und externen Kommunikation. Statt weniger aussagekräftiger Werbefloskeln erwarten Mitarbeiter und interessierte Kandidaten vor allem authentische Informationen zur Kultur des Arbeitgebers.
Für die Führungskräfte des Unternehmens wiederum gibt es spezielle Coachings im Rahmen von Leadership Branding, deren Ziel es ist, dass sie das entwickelte Markenverständnis und die Markenwerte des Arbeitgebers auf der Basis ihres persönlichen Werte-Kanons reflektieren und später auch internalisieren. Das ist besonders wichtig, da sie erfahrungsgemäß maßgeblich die Kultur des Unternehmens prägen.
Besonders deutlich verändert sich der Recruitingprozess, so Jörg Hesse, Geschäftsführer von DWFB: „Wo früher Anzeigenschaltungen nach dem Gießkannenprinzip erfolgten, ist nun eine effektive und effiziente Ansprache innerhalb der Ziel-Milieus möglich. Kanäle, Medien, Botschaften und Tonalität – all das lässt sich dank der profunden Kenntnisse der Sinus-Milieus punktgenau aussteuern.“
Im fortgeschrittenen Recruitingprozess wird mit einem wertebasierten Auswahlverfahren (Online-Persönlichkeitstest) sichergestellt, dass der Wunschkandidat auch persönlich den Anforderungen eines Cultural Fits entspricht.
Je nach individuellem Bedarf wird dafür gemeinsam mit dem Kunden der Agentur eine spezielle Kennzahl entwickelt, der sogenannte Cultural Fit Index, ergänzt Jan Hecht, Associate Director Research & Consulting am SINUS-Institut: „Er stellt die passgenauen Kandidaten in ein Verhältnis zur Gesamtanzahl aller Bewerber. In Kombination mit anderen etablierten KPIs der HR-Welt wie Empfehlungsbereitschaft und Mitarbeiterfluktuation lässt sich messen, welchen Impact dieser neue Ansatz auf die Gesamtperformance der Arbeitgebermarke hat. Eine gute Mischung also aus wissenschaftlicher Tiefe und praxisorientierter Markenarbeit mit nachprüfbaren Ergebnissen.“
Tipp: Die German Brand School bietet ein Seminar zum Thema „Arbeitgebermarkenführung“ an, in dem Sie mehr über die Grundlagen für erfolgreiches Employer Branding erfahren.