Kategorien: Employer Branding, Corporate Culture, Fachkräftemangel, EVP Employer Value Proposition (EVP): Das Marken-versprechen als Arbeitgeber

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Employer Value Proposition (EVP): Das Marken-versprechen als Arbeitgeber

Ein Markenversprechen als Arbeitgeber abgeben. Mit einer Employer Value Proposition (EVP). Weshalb ist das heute wichtiger denn je? Der Fachkräftemangel war in Deutschland lange Zeit so etwas wie ein unsichtbares Phänomen. Nun hat er sich mit voller Kraft im realen Leben der Unternehmen entfaltet. Es gibt kaum eine Branche oder ein Unternehmen, die bzw. das nicht klagt. 

Lass uns auf die Zahlen eines aktuellen Kurzberichtes des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) aus Köln schauen: „Am deutschen Arbeitsmarkt fehlen derzeit etwa 573.000 qualifizierte Arbeitskräfte. Wenn Unternehmen diesen Fachkräftebedarf decken könnten, würde das deutsche Produktionspotenzial in 2024 um 1,1 Prozent oder 49 Milliarden Euro höher liegen. Bis zum Jahr 2027 könnten es 74 Milliarden Euro sein.“  

Das bedeutet gerade für Familienunternehmen: Der Druck wächst, der „War for Talents“ nimmt weiter zu. Deshalb ist es für Dich als Arbeitgeber wichtig, Dich im Arbeitsmarkt mit einem modernen Employer Branding inklusive kraftvoller Employer Value Proposition – Abkürzung EVP – attraktiv zu positionieren. 

 

Inhaltsverzeichnis
 

Definition: Was ist die Employer Value Proposition (EVP)? 

Ein häufiger Google-Suchbegriff ist „Was ist EVP?“. Die Frage steht also im Raum. Was als EVP-Abkürzung wie eine Partei klingt, ist in der Employer Value Proposition-Definition ein Versprechen. Ein Nutzenversprechen. Besser gesagt: das zentrale Nutzen- oder Arbeitgeberversprechen im Employer Branding. 

Die EVP ist ein meist mit wenigen Worten ausformuliertes Versprechen, das Du Deinen Mitarbeiter:innen sowie potenziellen Kandidat:innen gibst. Aber sie ist nicht irgendein Versprechen, sondern das zentrale. Sie sagt aus, was Dein Unternehmen als Arbeitgeber besonders macht. Man könnte also auch von einem Employer Branding USP sprechen. Du kannst Dir vorstellen, dass Du mit einer rein rational geprägten Employer Value Proposition nicht weit kommen wirst. Sie sollte einen starken Effekt haben. Wir sprechen weniger von rationalen Treibern wie Entlohnung und konventionellen Benefits, sondern von Inspiration und motivierender Verheißung 

 

employer Brand + Corporate brand =

Deine Employer Value Proposition steht generell in enger Verbindung zu Deiner Employer Brand, die genau genommen die andere Seite der Medaille Deiner Corporate Brand ist. Zu kompliziert? Eigentlich nicht. Dein Unternehmen wird extern wie intern von Menschen wahrgenommen. Die haben einen Eindruck und auch eine Meinung, die sich abfragen lässt. Egal, ob Du eine Marke formuliert hast oder nicht, sie ist in den Köpfen und Herzen der Menschen, die als Kunden oder Mitarbeitende mit Deinem Unternehmen zu tun haben, vorhanden.

Aber bitte Vorsicht: Deine Employer Value Proposition darf nicht einfach nur gut klingen, sie muss tatsächlich mit der Realität übereinstimmen und Deine Unternehmenskultur widerspiegeln. Du möchtest die Generationen Y und Z mit Purpose, Zukunft und Nachhaltigkeit gewinnen und binden. Du formulierst Deine EVP entsprechend, wirst dem als Unternehmen aber nicht gerecht. Der Widerspruch wird sich im Arbeitsalltag schnell aufdecken, die EVP wirkt dann kontraproduktiv und enttäuscht. Lebe dagegen Purpose, Zukunft und Nachhaltigkeit tatsächlich, und Du wirst die Richtigen begeistern. Denn eines ist klar: Versprechen muss man halten!

 

Die Bedeutung einer starken EVP 

Eine starke EVP will im Alltag gelebt werden, denn erst dann trägt sie eine Bedeutung. Schlummert sie in irgendwelchen Präsentationen oder Printprodukten den Dornröschenschlaf, wirkt sie natürlich nicht. Ist die Employer Value Proposition in der Unternehmenskultur verankert und beweist sich im Alltag, entfaltet sie ihre Stärke. Konkret bedeutet das: Beweisen, nicht behaupten. Bleiben wir beim Beispiel Zukunft. Ein vielfach verwendeter Begriff, dem sich jedes Unternehmen verpflichtet fühlt. Zukunft gestalten, für das Unternehmen und alle Mitarbeitenden. 

Spürbar und erlebbar wird das aus der EVP heraus, wenn zum Beispiel Dein HR in Mitarbeitergesprächen Perspektiven aufzeigt, Karrierewege skizziert, Förderung und Fortbildung anbietet. Als Mitarbeiterin und Mitarbeiter erlebe ich, dass hier neben Produktinnovationen auch die eigene Zukunft im Fokus steht. Zugleich wird Zukunft über Digitalisierungsmaßnahmen und entsprechende Innovationen erlebbar. Mission completed! Mitarbeitende fühlen sich verbunden und haben gute Argumente, zu bleiben. Auf diese Weise trägt die EVP Bedeutung und wirkt. 

Aber auch nach außen hin, im Recruiting, weist die Employer Value Proposition den Weg und gibt Deinem Employer Branding Orientierung. Sie ist der Ausgangspunkt für Kampagnen-Botschaften, Bildwelten, die Gestaltung von Karriereseiten, Stellenanzeigen, Social-Media-Auftritten etc. Und damit ist sie auch ein Kontrollinstrument: Entspricht das, was Du aussendest, der EVP? Bist Du mit dem Recruiting und der Employer-Kommunikation „on strategy“? Je konsistenter sie mit Leben gefüllt wird, desto mehr Stärke und Wirkung wird sie entfalten. Und darum geht es in einem Markt, der immer enger wird.

 

Die Entwicklung Deiner EVP  

Das Entwickeln Deiner EVP ist ein Prozess. Agenturen und Beratungen können Dich auf dem Weg unterstützen und begleiten, sie können den Prozess aufsetzen und steuern, aber nicht ohne Deine Beteiligung durchführen. Auf dem Weg zu Deiner Employer Value Proposition braucht es Partizipation – die Einbindung der Belegschaft über die Führungskräfte bis zur Unternehmensführung.  

  • Am Anfang steht die Analysephase, das Ermitteln der Ist-Situation über Formate wie Befragungen, Fokusgruppen, Führungskräfte-Interviews, World Café, Sounding Board ... Wie wird das Unternehmen als Arbeitgeber tatsächlich wahrgenommen? Welche Werte verkörpert es? Was ist die gemeinsame Haltung? Was hat man zu bieten? Die Antworten auf diese Fragen bilden das Fundament der neuen Employer Value Proposition; sie stecken den Rahmen für den Soll-Zustand ab. 
  • Nun bleibt die Aufgabe, die Essenz, das Wesentliche herauszuarbeiten. Deine Werte und das zentrale Versprechen, das den Unterschied gegenüber anderen Arbeitgebern macht. Hierbei hilft es, für die Definition der eigenen Werte nach innen zu schauen, für die Zielgruppenansprache und Abgrenzung zum Wettbewerb aber auch nach außen zu schauen. Ziel ist es, daraus ein starkes Alleinstellungsmerkmal zu finden, weshalb sich Mitarbeiter:innen mit Deinem Unternehmen identifizieren und Kandidat:innen bewerben.
  • Ist dieses Zentrum gefunden und definiert, bleibt die Ausgestaltung und Formulierung. Deine Employer Value Proposition kann ein einziger Satz oder ein längerer Text sein. Sie kann als einzelne zentrale Botschaft stehen oder auch durch Subtexte und -themen weiter ausdifferenziert werden. Hier hast Du letztlich die Freiheit, eine ganz eigene, sehr unternehmens- bzw. markenspezifische EVP zu gestalten. Ganz so, wie es für Dich Sinn macht und wie Du sie als Werkzeug am besten nutzen kannst.  
    • Allerdings: Du solltest Floskeln und generische Attribute vermeiden, um Deiner EVP Charakter zu geben. Von Vorteil ist auch, wenn zumindest ein zentraler Satz gut erinnerbar ist. Das hilft beim täglichen Einsatz und der Verankerung in der Belegschaft. 
  • Wichtig ist, dass sich die Unternehmensführung in die EVP-Entwicklung aktiv einbringt, um von Anfang an Passgenauigkeit auch hinsichtlich Unternehmensstrategie und Unternehmenskultur herzustellen. Gerade bei Familienunternehmen mit hoher Werteorientierung sollten die oft über Generationen weitergegebenen Werte nicht einfach unter den Tisch fallen. Eine zentrale Aufgabe ist es, Tradition, Gegenwart und Zukunft geschickt miteinander zu verzahnen – insbesondere im Hinblick auf die vielen aktuellen Transformationsthemen wie Generationenübergang (X, Y, Z, α ...), Demoskopie, Digitalisierung, Nachhaltigkeit ... 

 

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Da die EVP eng an das Thema Marke angeknüpft ist, empfehlen wir Dir den Download unseres Whitepapers zur Thematik, wie man den Erfolgsfaktor Marke konsequent für das Unternehmen nutzen kann:

Download/Whitepaper: Erfolgsfaktor Marke

 

Authentizität und Konsistenz 

Deine Employer Value Proposition ist formuliert. Glückwunsch! Das war ein wichtiger Schritt, aber noch nicht der letzte. Denn nun gilt es, die EVP nachhaltig in der Unternehmenskultur zu verankern. Nur so wird sie authentisch und konsistent gelebt und spiegelt sich in der internen sowie externen Kommunikation wider. Zentral wichtig ist ein passendes Führungsverständnis. Wird sie nicht in ein adäquates Führungsverhalten übersetzt und aktiv vorgelebt, wird sie im Unternehmen weder wahr- noch ernst genommen. Das Zusammenspiel von Marke, EVP und Führung ist also relevanter denn je, denn Fachkräftemangel erfordert Kulturwandel.

 

EVP in der Praxis: Beispiele und Best Practices  

Hier zwei Beispiele, die zeigen, wie eine EVP für eine Employer Brand Wirkung entfaltet. Sie veranschaulichen, wie Theorie in die Praxis umgesetzt wird, und können als Blaupause für die eigenen Strategien dienen: 

Bosch  

Werfen wir einen Blick auf das Familienunternehmen Robert Bosch mit seinen weltweit über 400.000 Mitarbeitenden. "Unser Versprechen an dich steht felsenfest: Wir wachsen gemeinsam, haben Freude an unserer Arbeit und inspirieren uns gegenseitig." Die in der Employer Value Proposition formulierten Werte Grow (Gemeinsam wachsen. Wachse an neuen Herausforderungen, Rollen und Perspektiven.), Enjoy (Gemeinsam freuen. Freue dich über Wertschätzung im Job und Balance im Leben.) und Inspire (Gemeinsam inspirieren. Inspiriere andere durch starke Werte und Visionen.) nutzt Bosch, um den Bosch-Spirit erlebbar zu machen.  

Eine werteorientierte Employer Brand, die Mitarbeitenden viel zu bieten hat und ein gutes Gefühl gibt. Die Marke erzählt ihre Story aus dem Werte-Vermächtnis von Robert Bosch („Vater Bosch“) heraus. Eine sich kümmernde Organisation, in der jeder vom Gemeinsamen profitiert. Hier kann man wachsen, hat Freude, man inspiriert und wird inspiriert. Das fasst die Bosch-EVP in einem Satz zusammen. Daraus leiten sich dann die vielen konkreten Bosch-Benefits ab sowie die interne und externe Kommunikation. Wer sich selbst überzeugen will, kann einen Blick auf die Bosch-Karriereseite werfen! 

 

Melitta  

Ein Beispiel aus unserem Kundenportfolio ist die Melitta® Unternehmensgruppe mit Hauptsitz im westfälischen Minden. Der Fokus liegt in der Entwicklung und Fertigung von Markenprodukten (neben Melitta® unter Markennamen wie Swirl®, Toppits®, Albal®, wkup® oder Wrapmaster®) mit hohem qualitativem Anspruch für Privat- und Geschäftskunden. International beschäftigt die Gruppe rund 6.000 Mitarbeitende und erwirtschaftete 2022 einen Gesamtumsatz von rund 2,3 Milliarden Euro.  

Die Employer Value Proposition der Melitta® Group haben wir im Rahmen eines umfassenden Employer Branding-Prozesses in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit der Kundin so formuliert: Die Melitta® Group bietet in dem sicheren und vertrauensvollen Umfeld unseres Familienunternehmens ein Höchstmaß an individueller Freiheit, um die Welt aktiv und nachhaltig zu gestalten. Diese EVP ist eine Einladung an die bestehenden sowie zukünftigen Mitarbeitenden, sich individuell und als Gemeinschaft zu entfalten. Daraus leitet sich eine Purpose-Botschaft ab: Wir stehen füreinander ein, packen die Dinge gemeinsam an und wirtschaften nachhaltig. Unser buntes Team lebt die Innovationskraft unserer Namensgeberin Melitta Bentz jeden Tag – und jede:r bringt sich mit eigenen Stärken, Erfahrungen und Kompetenzen ein. So entwickeln wir uns alle stetig weiter. Auf diese Weise entsteht eine Employer Brand mit Purpose und Impact, die das Wertefundament des Familienunternehmens aufnimmt und in einen starken Antrieb für alle Mitarbeitenden verwandelt. Nachzusehen ist dies auch auf der Karriereseite der Melitta® Group.

 

Fehler bei der EVP-Formulierung vermeiden: Häufige Stolpersteine 

Als das Herzstück einer erfolgreichen Arbeitgebermarke muss die Employer Value Proposition sorgfältig und durchdacht formuliert werden, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Kardinalsfehler hierbei sind: 

  • Wenn sie nicht authentisch ist und die Realität nicht widerspiegelt. Ist die EVP mehr Schein als Sein, wirkt sie in der Umsetzung sogar kontraproduktiv.  
  • Ist sie jedoch wenig inspirierend und nicht differenzierend formuliert, weil man nicht zu viel versprechen möchte, droht Belanglosigkeit. Es wird schwierig, der Employer Brand einen Charakter und damit eine Attraktivität zu geben. Die Wirkung der EVP verpufft.  
  • Was zusätzlich vermieden werden sollte, ist ein Überladen und Überfrachten mit zu vielen Inhalten. Dann verschwinden die Botschaften in Komplexität. Weil man sich dann die Inhalte erschließen und übersetzen muss, entsteht Interpretationsspielraum, der einer Eindeutigkeit entgegensteht.

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Tools und Ressourcen für Deine EVP-Strategie 

Eine EVP fällt nicht vom Himmel, sie muss fundiert und professionell Schritt für Schritt erarbeitet werden. Am besten bindest Du von Anfang an die Mitarbeitenden über Beteiligungsformate wie Befragungen, Fokusgruppen oder World Cafés ein. Wer nicht partizipieren kann, sollte über Einwandformate zumindest seine Meinung kundtun können. Im Weiteren sind Workshops zwingend nötig, um sich intensiv und fundiert auseinanderzusetzen. Wie das Vorgehen im Detail aussehen könnte bzw. sollte, erfährst Du in unserem Whitepaper:  

Download/Whitepaper: Erfolgsfaktor Marke
 

 

Ausblick und Evolution der Employer Value Proposition  

Die Welt wandelt sich, Transformation ist eine stete Herausforderung für alle. Hinsichtlich der Employer Value Proposition bedeutet das: Sie braucht eine regelmäßige Überprüfung. Als sich weiterentwickelndes Familienunternehmen hast Du den Markt mit seinen Innovationen, Wettbewerbern und wandelnden Kundenbedürfnissen stetig im Blick. Gleiches soll und muss für Deine Rolle als Arbeitgeber und Employer Brand gelten. Stelle Deine EVP immer wieder auf den Prüfstand. Evaluiere die Gültigkeit – z. B. in Richtung der neuen Azubi-Jahrgänge. Passen die Botschaften noch? Oder müssen sie vielleicht nachgeschärft oder anders bzw. neu formuliert werden? Klar, das bedeutet Aufwand, ist aber sinnvoll und letztlich der einzige Weg, um in der Arbeitswelt up to date zu sein und zu bleiben.

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