EVP: Wie ich als Arbeitgeber das passende Marken­versprechen finde

Jens Schönlau

Von Jens Schönlau
Konzeption, Strategie

Der Fachkräftemangel war in Deutschland lange Zeit so etwas wie ein unsichtbares Phänomen. Nun hat er sich mit voller Kraft im realen Leben der Unternehmen entfaltet. Kaum eine Branche oder ein Unternehmen, die bzw. das nicht klagt. Zuletzt meldete das Handelsblatt: Zwei Millionen Stellen in Deutschland bleiben unbesetzt". Mehr als jedes zweite Unternehmen klagt über Personalengpässe. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer geht davon aus, dass ein Wertschöpfungspotenzial von fast 100 Milliarden Euro verloren geht.“

Das bedeutet auch und gerade für Familienunternehmen: Im „War of Talents“ gilt es sich zu behaupten und durchzusetzen. In diesem Kontext spielt die Employer Brand mit einem starken Arbeitgebermarken-Versprechen in Form einer authentischen EVP eine zentrale Rolle.

Haben Sie bislang für Ihr Unternehmen noch keine EVP formuliert, fragen Sie sich jetzt vielleicht: Wie mache ich das? Bevor wir die Frage hier beantworten, möchten wir die EVP in den Gesamtkontext einordnen. Ihre Employer Value Proposition steht generell in enger Verbindung zu Ihrer Employer Brand, die genau genommen die andere Seite der Medaille Ihrer Corporate Brand ist. Zu kompliziert? Eigentlich nicht. Ihr Unternehmen wird extern wie intern von Menschen wahrgenommen. Die haben einen Eindruck und auch eine Meinung, die sich abfragen lässt. Egal, ob Sie eine Marke formuliert haben oder nicht, sie ist in den Köpfen und Herzen der Menschen, die als Kunden oder Mitarbeitende mit Ihrem Unternehmen zu tun haben, vorhanden.

 

Inhaltsverzeichnis

Und was genau ist eine evp?

Sie ist ein ausformuliertes Versprechen, das Sie Ihren Mitarbeiter:innen sowie potenziellen Mitarbeiter:innen geben. Aber sie ist nicht irgendein Versprechen, sondern das zentrale. Sie sagt aus, was Ihr Unternehmen als Arbeitgeber besonders macht. Man könnte im übertragenen Sinne also auch von einem Arbeitgebermarken-USP sprechen. Sie können sich vorstellen, dass Sie mit einer rein rational geprägten EVP nicht weit kommen. Das, was Sie versprechen, sollte schon einen Wow-Effekt auslösen. Wir sprechen weniger von rationalen Treibern wie Entlohnung und konventionellen Benefits, sondern eher von einem guten Geist, Inspiration und motivierender Verheißung. Ihre EVP sollte es möglich machen, ein Kribbeln auszulösen.

Damit wären wir neben der Ausprägung als Versprechen im Sinne von Verheißung bei den Funktionen, die eine EVP hat. Nach innen, zu Ihren Mitarbeitenden hin, ist die EVP wie ein Manifest, hinter dem sich alle versammeln, weil sie überzeugt davon sind und wortwörtlich dahinter stehen. Für HR und Marketing dagegen ist die EVP ein Werkzeug, das der Entwicklung und Aussteuerung zielgruppenspezifischer Kommunikation dient sowie der Aussteuerung von Maßnahmen, die Mitarbeiter:innen binden.

Die EVP weist die Richtung. Was in der EVP steht, muss sich intern beweisen. Das Versprechen muss für die Mitarbeitenden eingelöst werden, also täglich erfahrbar sein. Zudem ist die EVP der Ausgangspunkt für Botschaften, Bildwelten, die Gestaltung von Karriereseiten, Stellenanzeigen, Social-Media-Auftritten etc. Und damit ist sie auch ein Kontrollinstrument: Entspricht das, was wir aussenden, der EVP? Sind wir mit unseren Maßnahmen in der Gestaltung von Arbeit sowie im Recruiting und in der Employer-Kommunikation „on strategy“? Je konsistenter die EVP mit Leben gefüllt wird, desto mehr Stärke und Wirkung wird sie entfalten. Und darum geht es in einem Markt, der immer enger wird.

MacheN Sie ihre Hausaufgaben!

Eine fundiert hergeleitete Employer Brand inklusive EVP sorgt dafür, dass Sie als Unternehmen und Arbeitgeber nicht einfach irgendwie und unkontrolliert wahrgenommen werden – irgendwie so wie schon immer. Sollen sich Menschen für Ihre Marke entscheiden, braucht es besondere, positive Markenerlebnisse. Wenn BMW die eigene Marke über Freude definiert, dann muss diese Freude beim Fahren spürbar werden. Und natürlich auch dort, wo Menschen für BMW arbeiten. Basis für solche Markenerlebnisse sind die authentische Umsetzung und Inszenierung der eigenen Markenwerte sowie des eigenen Markenkerns.

Markenwerte und Markenkern, also eine definierte Marke, sind das Fundament der EVP. Denn nur, wenn eine Marke authentisch gelebt wird, kann eine EVP Wirkung entfalten. In der Marke beweist sich das, was die EVP als Arbeitgebermarken-Versprechen gelobt. Spricht Ihre EVP zum Beispiel von Aufbruch, Fortschritt, Modernität, Entwicklung und Perspektiven, dann müssen diese Themen bei Ihnen auch gelebter Alltag sein. Ansonsten ist die Enttäuschung groß.

Sie haben beispielsweise eine junge Ingenieurin oder einen jungen Ingenieur für sich gewonnen, die bzw. der zu Ihnen gekommen ist, weil sie bzw. er voller Elan an spannenden Zukunftsprojekten mitarbeiten möchte. Auf Basis Ihrer EVP wurden in der Stellenanzeige und über Ihre Social-Media-Auftritte entsprechende Botschaften kommuniziert. In der Realität nun aber ist davon nichts zu spüren, die Zukunftsprojekte sind ein wenig von gestern und auch die Modernität des Arbeitsplatzes ist nicht gerade das, was man sich unter Zukunft vorstellt. Ihre frische gewonnene Ingenieurin, Ihr frisch gewonnener Ingenieur wird enttäuscht sein und über kurz oder lang das Weite suchen. Nachhaltigkeit erreichen Sie nur durch eine authentische Marke mit entsprechender EVP.

Die Marke entwickeln

Sind Ihre Corporate- und Employer Brand bereits entwickelt, überspringen Sie bitte diesen Absatz. Ist die Marke nicht definiert oder vielleicht auch in die Jahre gekommen, empfehlen wir den Einstieg in einen Markenprozess. Lohnend ist hier vorab, eine Befragung der Kunden und Mitarbeitenden sowie einen Marken-Workshop durchzuführen, um einen Status quo zu ermitteln. Dann wissen Sie, wie Sie vom Markt und den eigenen Leuten wahrgenommen und eingeschätzt werden.

Ausgehend von diesem Ist-Zustand ist es Aufgabe des Markenprozesses, eine Marke zu kreieren, die in den vorhandenen gelebten Werten verankert ist und darüber hinaus aber auch Zukunftspotenziale erschließt. Die Marke ist Fundament und Impulsgeber zugleich. Sie stößt Entwicklung an, damit Sie als Unternehmen und Arbeitgeber auf Höhe der Zeit und mit Ihrer Zielgruppen agieren. Marke ist immer auch der Impuls, den nächsten Schritt zu gehen.

Die EVP formulieren – Beispiele

Sie sehen, ganz so einfach ist das mit der EVP nicht. Und: Es ist nicht damit getan, die Ausformulierung an das Marketing, HR und eine Agentur zu delegieren. Die Unternehmensführung sollte sich in die EVP-Entwicklung aktiv einbringen, um von Anfang an Passgenauigkeit auch hinsichtlich Unternehmensstrategie und Unternehmenskultur herzustellen. Gerade bei Familienunternehmen mit hoher Werteorientierung ist es wichtig, die oft über Generationen weitergegebenen Werte nicht unter den Tisch fallen zu lassen. Eine zentrale Aufgabe ist es, Tradition, Gegenwart und Zukunft geschickt miteinander zu verzahnen – insbesondere im Hinblick auf die vielen aktuellen Transformationsthemen wie Generationenübergang (X, Y, Z, α ...), Demoskopie, Digitalisierung, Nachhaltigkeit ...

Am Ende bleibt die Aufgabe, die Essenz, das Wesentliche herauszuarbeiten. Was ist das zentrale Versprechen? Was macht den Unterschied gegenüber anderen Arbeitgebern und ist das Hauptkriterium, sich als Mitarbeiter:in mit dem Unternehmen zu identifizieren und als Kandidat:in zu bewerben? Haben Sie dieses Zentrum auf dem Fundament der Marke gefunden und definiert, bleibt die Ausgestaltung.

Eine EVP kann ein einziger Satz sein oder ein längerer Text. Sie kann als einzelne zentrale Botschaft stehen oder auch durch Subtexte und -themen weiter ausdifferenziert werden. Hier haben Sie letztlich alle Freiheiten, eine ganz eigene, sehr unternehmens- bzw. markenspezifische EVP zu gestalten. Ganz so, wie es für Sie Sinn macht und wie Sie die EVP als Werkzeug am besten nutzen können. Allerdings: Sie sollten Floskeln und generische Attribute vermeiden, um Ihrer EVP Charakter und Bedeutung zu geben. Von Vorteil ist auch, wenn zumindest ein zentraler Satz gut erinnerbar ist. Das hilft beim täglichen Einsatz und der Verankerung in der Belegschaft.

Da die EVP eng an das Thema Marke angeknüpft ist, empfehlen wir Ihnen den Download unseres Whitepapers „Wie Sie den Erfolgsfaktor Marke konsequent für Ihr Unternehmen nutzen“. Aktuelle Aspekte der Markentransformation beschreiben die Blogbeiträge „Purpose-Driven-Marketing – Eintagsfliege oder Zukunftschance?" und „Digitale Transformation und Markentransformation“.

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