Glaubwürdigkeit im Influencer-Marketing

Doreen Wilmink

Von Doreen Wilmink
HR Managerin

Jedes Unternehmen sucht das bestmögliche Mittel, um seine bestehenden und vor allem auch potenzielle Kunden von seinem Produkt oder seiner Dienstleistung zu überzeugen. Um diese potenziellen Kunden in ihrer Überlegung davon zu beeinflussen, dass eine Kaufhandlung die richtige Entscheidung ist, werden vor allem für unterhaltsamen Content auf Blogs oder Social Media die Reichweite und Meinungsführerschaft von Bloggern, Influencern und Testimonials genutzt. Warum ist das so?

Viele Personen lassen sich durch die Meinungen anderer beeinflussen, vor allem bei Käufen im Internet. Dabei wird viel Wert auf Erfahrungsberichte und das Feedback anderer Kunden gelegt. Dieses Phänomen nennt man im psychologischen Bereich „Prinzip der sozialen Bewährtheit“. Die Qualität eines Produktes wird danach beurteilt, wie der Großteil anderer Personen die Qualität bewertet. Treten bekannte Persönlichkeiten in der Werbung auf, so vertrauen die Zuschauer auf deren Meinungen und sind von der positiven Bewertung des Produktes ohne kritisches Hinterfragen überzeugt. Somit gilt die Überzeugung einer bekannten Person als Qualität des Produktes.

Das Erfolgsrezept der Influencer

Die genutzten Kanäle bespielen dabei am häufigsten die Themen Fitness, Gesundheit oder Make-Up/Beauty. Doch trotz dieser Spezifikation bekommen die Abonnenten dieser Personen einen täglichen oder wöchentlichen Einblick in das Leben der Influencer, welches zwar immer neu in Szene gesetzt wird, durch persönliche Anekdoten oder Einblicke in das Privatleben trotzdem viel mehr Transparenz und Ehrlichkeit vermittelt. So hoch könnte solch ein Einblick zum Beispiel im einmaligen Interview mit einem Testimonial nie sein. Der unbekannte Mensch im Internet wird zu einem Freund, dessen Meinungen und Gewohnheiten sich zu jeder Tageszeit abrufen lässt. Die Werbemaßnahme mittels Influencer wirkt deshalb so gut, weil die Influencer die an sie weitergeleiteten Botschaften individuell in ihrem Stil an die Abonnenten weitergeben. Dabei werden sie als die eigentlichen Absender der Werbebotschaft wahrgenommen und wirken dabei trotzdem sehr authentisch, da sie die Bewertung der Produkte selbst als Konsument durchführen. Sie stellen sich auf diese Weise auf eine Ebene mit ihren Zuschauern. Ein freundschaftlicher Rat, quasi.

Der psychologische Hintergrund

In der Psychologie gibt es eine Pyramide der menschlichen Bedürfnisse, entwickelt vom Sozialpsychologen Maslow. Die Spitze bildet das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung eines jeden Individuums. Doch was genau ist Selbstverwirklichung? Man könnte es übersetzen mit dem Streben danach, den Sinn des eigenen Daseins festzustellen. Klingt ja ziemlich hochgestochen. Im Endeffekt geht es darum, dass bei Menschen ein Gefühl der Selbstverwirklichung eintritt, wenn sie ihre eigene Umwelt aktiv mitgestalten und entwickeln können. Verbindet man die Bedürfnispyramide mit dem Influencer Marketing, so zielen die Werbeversprechungen darauf ab, den Kunden von der spezifischen Erfüllung eines Bedürfnisses durch das Produkt zu überzeugen. Der Fokus der Aufmerksamkeit liegt dabei allerdings nicht auf den Produktinformationen, sondern bei der Erfüllung eines individuellen Bedürfnisses.

Das Glaubwürdigkeitsproblem

Aber funktioniert das alles so einfach?

Nicht wirklich... denn das grundlegendste Problem des Influencer Marketing ist mittlerweile die unterschiedlich verpflichtende Kennzeichnung bezahlter Werbung und Anzeigen. Bekommt ein Blogger oder Influencer ein Produkt zugesandt, um dafür eine Empfehlung abzugeben oder wird für die Bewerbung eines Produktes sogar bezahlt, so ist mittlerweile gesetzlich festgelegt, dies unter dem Post beispielsweise als „Anzeige“ oder „ad“ zu kennzeichnen. Wurden die Produkte privat gekauft und die Person möchte ihre guten Erfahrungen mit ihren Abonnenten teilen, so musste das eigentlich nicht verpflichtend gekennzeichnet werden. Nach der Einführung neuer Verordnungen im Online-Marketing-Bereich ist mittlerweile jedoch die Nennung jeder einzelnen Marke als Werbung anzusehen, ganz gleich, ob der Kauf vom Unternehmen oder privat finanziert wurde. Auch die Markierung anderer Personen auf dem eigenen Bild muss zwangsläufig als „Anzeige“ oder „Werbung“ kommentiert werden, da das eigene Bild das Profil der anderen Person bewirbt. Durch die Flut an Kennzeichnungen, deren Richtlinien sowohl für Influencer, als auch für alle Abonnenten und Nutzer der sozialen Medien kaum verständlich sind, ist die ethische Korrektheit ein sehr großes Thema. Die Problematik dieser neuen Richtlinien liegt darin, dass die Abonnenten dieser Kanäle nicht mehr unterscheiden können, ob der Influencer für die Bewerbung des Produktes bezahlt wurde oder es aus eigener Überzeugung präsentiert. Die Transparenz und Glaubwürdigkeit der vielfach angepriesenen Methode schwindet und die eigentlich sonst ehrlichen Empfehlungen, auf die viel Wert gelegt wird, werden kritisch hinterfragt. Der Kunde wird mit einer Werbung konfrontiert, die möglicherweise nur durch eine sehr hohe Bezahlung veröffentlicht wurde und wird dabei unwissend hinters Licht geführt, da er ansonsten auf diese Meinung vertraut.

Aufgrund dessen ist in letzter Zeit ein Wandel vernehmbar, der sich von den großen Influencern mit einer hohen Abonnentenzahl hin zu den sogenannten „Micro-Influencern“ bewegt. Durch die geringeren Abonnentenzahlen, die meist zwischen 10.000 und 50.000 Abonnenten schwanken, wirken sie ehrlicher und transparenter. Ihr Profil wird durchzogen von privatem Inhalt, der sich nur ab und zu mal mit werblichem Content abwechselt und nicht als Dauerwerbesendung fungiert. Ihre Kooperationen wirken ausgesuchter, bewusster und von der Qualität der Produkte wirklich überzeugt, statt für die Überzeugung bezahlt. Die Themen Ethik und Vertrauen von Kunden zum Unternehmen sind große Erfolgsfaktoren, die jeder Marketing-Verantwortliche berücksichtigen muss. Nur dann bleiben die Kunden den Unternehmen treu und für die Werbung offen.

07. NOVEMBER 2019: BVB UND SAP BEI DWFB