Was kann Video-Storytelling im B2B-Marketing leisten?

Roland Fechter

Von Roland Fechter
Projektentwicklung Film

Wenn man an Storytelling im B2B-Marketing in Verbindung mit dem Medium Film denkt, kommen einem sehr schnell in den Kopf: Anleitungs-, Erklär- und Technikvideos zum besseren Verständnis der Produktpalette. Seit jeher auch das digitale Aushängeschild schlechthin: der Imagefilm (bzw. Unternehmensfilm, aber dazu kommen wir noch).

An Storytelling im eigentlichen Sinne des Geschichten-erzählens denkt man hier zunächst nicht. So gibt es durchaus noch eine andere Ebene als die technische (z.B. Erklärvideos) und die pompös-inszenatorische Variante (Imagefilm) von filmischen Möglichkeiten für Unternehmen.

Wo Storytelling beginnt

Um im ersten Schritt zu verstehen, wo Storytelling beginnt, sollte man sich am einfachsten klarmachen, was die oben genannten Kandidaten zumeist denn nicht können: Feine Emotion und subtile Botschaften transportieren.

Während der klassische Technikclip eben genau das leisten soll, was der Name vermuten lässt (nämlich die Erläuterung von Technik), bleibt hier, völlig beabsichtigt und gewollt, die Emotion komplett auf der Strecke. Kurzum: wenn jemand sich rein für technologische Fakten interessiert oder einfach mal sehen will „wie das funktioniert“, ist er mit diesem Video an der richtigen Stelle. Ein gutes Technik-Video beantwortet kurz und knapp Fragen und informiert. Für sich genommen hat das absolute Berechtigung und ist in Zeiten permanenter Verfügbarkeit (z.B. durch QR-Codes auf Verpackungen und verlinkten YouTube-Videos) eine wirklich großartige Angelegenheit.

Leider vermögen diese Technik-Clips (abgesehen vom technologischen Knowhow des Unternehmens) recht wenig über das Unternehmen als solches zu sagen. Wie tickt der Laden? Was für ein Typ muss ich sein, damit ich da reinpasse?

Solche Fragen werden hier nicht beantwortet. Im Gegenteil: Oft ist hier schon bei einem Produkt Schluss. Also auch technisch stark limitiert. Das ist ja auch bewusst so gemacht und richtig so: Kein Sanitärinstallateur möchte, bis zu den Knöcheln im Wasser stehend, zunächst darüber informiert werden, welche Werte das Unternehmen lebt, dessen Produkt er gerade einzubauen versucht, bevor er zum eigentlichen Installationsteil des Clips kommt. Denn nur der interessiert ihn gerade.

Dafür gibt es aber dann den Imagefilm.

Sollte man meinen!

Imagefilm? Unternehmensfilm?

Die meisten Unternehmen verwechseln den Imagefilm mit einem ganzheitlichen Unternehmensfilm. Das kann fatal sein.

Ein Imagefilm setzt, wie der Name im wörtlichen Sinne schon vorwegnimmt, auf Image. Sprich: Emotionen! Hier geht es nicht um Produkt A und B, um Jahresleistungen irgendwelcher Pressen oder das Fassungsvermögen des neu errichteten Hochregallagers. Das alles sind Fakten, die das Unternehmen als solches beschreiben, aber oft kein Gefühl dafür aufkommen lassen, wie es in der emotionalen Essenz funktioniert.

Einfacher:

  • Was nehme ich mit, wenn ich nach einem Tag das Werksgelände wieder verlasse?
  • Wie ist meine Stimmung?
  • Wem bin ich begegnet?
Das ist dann kein Imagefilm im eigentlichen Sinne, sondern ein repräsentativer Unternehmensfilm. Eben ein hochinformatives Portfolio mit allen Stärken und Kompetenzen. Wie eine ausführliche Bewerbung: Informativ, vollständig, mitunter (je nach Machart) etwas trocken. Klar wird beschrieben, dass dort Menschen arbeiten, aber: Was für Menschen in dem Unternehmen arbeiten und warum diese Personen das mit einer gewissen Leidenschaft tun - dafür bekommt man meist kaum ein Gefühl.

Solche Dinge würde ein guter Imagefilm leisten können. Ein groß angelegter Film über die Essenz des Unternehmens, über das, was den Kern der Marke ausmacht.

Aber die Umsetzung eines solchen Vorhabens erfordert in der Regel Zeit, Mut und vor allem: Budget. Es gibt häufig einen Ingenieur, Controller oder gar Geschäftsführer, der zunächst den Sinn eines rein auf Emotionen ausgerichteten Clips nicht sofort sieht und deshalb nicht bereit ist, dafür einen fünfstelligen Betrag auszugeben, wenn dieser Film nicht die oben dargestellten Fakten widerspiegelt. Viele wollen hier (verzeihen Sie die Ausdrucksweise) „Tech-Porn“ sehen: Kennzahlen, Daten, Fakten, Unternehmensgröße, Mitarbeiterzahl, Umsätze, Kapazitäten, usw.

Nicht falsch verstehen: solche Filme sind sicher auch absolut sehenswert, sonst würde es sie nicht geben. Gerade optisch sind hier exzellente Beispiele zu finden, die durchaus gut zu unterhalten und informieren wissen. „Infotainment“, wie es heute so schön genannt wird. Aber: sie erfüllen nicht den eigentlichen Sinn des Imagefilms: „Image“ zu kreieren.

Was Storytelling kann

Nachdem jetzt ein wenig klarer sein dürfte, was Technik und Unternehmensfilm leisten (bzw. nicht leisten), ahnt man bereits, was Storytelling kann.

Hier sind wir auf der anderen Seite des Technikclips, auf der (hellen?) Seite des Fakten-Mondes. Hier ist nur die Emotion!

Denn so ein Clip lebt eben davon, Geschichten zu erzählen. Kleine Einblicke aus dem beruflichen oder zuweilen auch privaten Alltag von Beschäftigten des Unternehmens. Jemand öffnet dem Betrachter seine Welt, nimmt ihn z.B. mit an den Arbeitsplatz, erzählt von seiner Motivation, seinem Antrieb, für genau dieses oder jenes Unternehmen zu arbeiten. Mitunter bekommen wir Einblicke in das private Leben, die familiäre Situation, die Einrichtung zu Hause, Hobbys etc... Kurzum: die persönliche Einstellung zum Leben. Ganz nebenbei offenbart sich hier seine ganz subjektive Meinung zum Unternehmen. Die Schlussfolgerung ist dann immer: „Wenn so jemand dort arbeitet, muss das Unternehmen so oder so sein...“

Werbung, ohne zu werben. Ist es doch die Geschichte, die fasziniert. Der Schauplatz ist nur Plattform für das Geschehen, ein privater Einblick in etwas Größeres.

Das so ein kleiner Clip mit wenigen Beteiligten und Fokus auf einen ganz bestimmten Punkt im Mikrokosmos des Unternehmens signifikant weniger Budget benötigt als ein technisch – emotionaler Rundumschlag, sollte hier auch bereits klar sein. Es gilt eben nicht immer: Viel hilft viel. Es muss nicht immer der ganz große Flug zum Planeten Imagefilm sein. Es könnte auch der (Aus-)Flug zum kleineren, nicht minder attraktiven Nachbarplaneten des Storytelling-Clips sein.

Es können auch kleine Dinge sein, die Menschen begeistern und zum Zusehen bewegen, sie gebannt an den Monitor fesseln. Einzelschicksale und menschliche Protagonisten stehen einem in der Regel näher als die Kompetenzen „global agierender Unternehmen“ und „Hidden Champions“. Zumindest, wenn ich einen emotionalen Zugang haben möchte.

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Aber welche Mitarbeiter machen sich denn so nackt?

Solche Menschen gibt es nicht.

Doch. Gerade in Zeiten von Facebook & Co. sollte klar sein, dass Menschen, die freiwillig Bilder ihres Abendbrots ungefragt posten, sicher auch bereit sind, ein Unternehmen zu unterstützen, für das sie brennen. Solche Menschen gibt es überall.

Jeder Geschäftsführer kennt Leute, die hochmotiviert in den Betrieb kommen und einfach Freude daran haben, genau für eben dieses eine Unternehmen alles zu geben. Eben jene sind es, die man z.B. mal fragen sollte, ob sie nicht bereit sind, das Warum und Wie mal aus Ihrer Sicht zu erläutern. Zusammen mit ein paar Bildern vom Arbeitsplatz, der Interaktion mit den Kollegen oder gar Impressionen vom privaten Hobby (z.B. Engagement im lokalen Fußball Verein) entsteht schnell ein kleiner Clip mit sehr viel Aussagepotential.

Aber das ist nur ein Beispiel für Storytelling. Es gibt noch viele andere Varianten, Geschichten zu erzählen. Allen gemein ist stets das Ziel, einzutauchen, das Unternehmen zu spüren. Die Rolle welches Betrachters (ob intern oder extern) man hier einnimmt, ist dabei völlig offen. Gerade durch die Ungebundenheit hinsichtlich erklärender Fakten gegenüber dem Unternehmen und dem Verzicht auf Vollständigkeit im Informationsgehalt ergeben sich hier völlig neue Möglichkeiten. Hier ist man absolut frei, das zu zeigen, was Spaß macht!

Fazit

Somit ist die Essenz in allen Facetten des Storytelling dennoch immer ähnlich: Wir erleben durch kleine Episoden emotionale Momente, die uns einen tiefen Einblick in den Geist des Unternehmens werfen lassen, ohne seine Größe und Komplexität als Ganzes erfassen zu müssen. Ganz so, wie auch das klassische Anleitungsvideo darauf verzichtet, das komplette Produktportfolio abzubilden.

Eben ein Technik-Clip für die Seele.

 

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